Am 3. Juni fand im Landratsamt Sondershausen die diesjährige Landwirtschaftskonferenz statt. Organisiert wurde die Veranstaltung gemeinsam vom Landratsamt des Kyffhäuserkreises und dem Bauernverband Kyffhäuserkreis. Ziel des Treffens war es, aktuelle Themen der Landwirtschaft und des ländlichen Raumes zu diskutieren und gemeinsame Lösungsansätze zu finden. Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Verwaltung und Landwirtschaft kamen miteinander ins Gespräch – auf Augenhöhe.
Vertrauen statt Verdacht
Kreisvorsitzender Dr. Wolfgang Peter eröffnete die Konferenz mit einem deutlichen Appell an die Politik: Es brauche endlich einen spürbaren Bürokratieabbau. Die Landwirte verbringen immer mehr Zeit mit Formularen, Dokumentationen und digitalen Eingabemasken – auf Kosten der eigentlichen landwirtschaftlichen Arbeit. Diese Entwicklung sorgt seit Jahren für wachsenden Frust in den Betrieben. Er forderte daher von der Landesregierung weitere wirksame Maßnahmen zum Bürokratieabbau in der Landwirtschaft. Überbordende Anforderungen müssten entschlackt und zusammengeführt werden. Digitale Lösungen müssten tatsächliche Erleichterungen bringen und vollständig funktionieren – statt zusätzliche Fehlerquellen und Bürokratielasten zu schaffen. Kontrollen sollten risikoorientiert und anlassbezogen erfolgen. Landwirte brauchen Spielräume, nicht Gängelung und Kontrollwahn.
„Vertrauen statt Verdacht muss das neue Leitmotiv sein“, betonte er und forderte, dass sich die Landesregierung auf allen Ebenen konsequent für einen Bürokratieabbau einsetzen solle.
Die Bauernproteste im vergangenen Jahr hätten deutlich gemacht, wie groß der Unmut über diese Entwicklungen sei – und wie dringend sich etwas ändern müsse. Peter hob aber auch hervor, dass bereits einige Erleichterungen für die Landwirtschaft erreicht worden seien, darunter:
- die Aufhebung der 4-prozentigen Flächenstilllegung,
- die Wiedereinführung der Drittelfinanzierung bei der Tierkörperbeseitigung durch das Land,
- die Rücknahme des geplanten Thüringer Agrar- und Forststrukturgesetzes,
- Fortschritte bei der Düngeregelung auf gefrorenen Böden sowie
- Initiativen zur Stoffstrombilanz und beim Flächenregister.
Auch die angekündigte Wiederaufnahme der Agrardieselförderung wurde von ihm als wichtiger politischer Schritt gewertet.
Vieles dauere in der Politik sehr lange, bis es endlich zur praktischen Umsetzung komme. Ist ein Thema geklärt, stünden bereits die nächsten Probleme an. Die verbandliche Arbeit sei daher ständig gefordert. Positiv stellte er abschließend fest, dass in Gesellschaft und Politik das Thema Ernährungssicherheit und Selbstversorgung wieder eine größere Rolle einnehme.
Ländlichen Raum stärken
Landrätin Antje Hochwind-Schneider schloss sich der Kritik an. Die Bürokratie sei inzwischen so komplex, dass die Verwaltung selbst an ihre Grenzen stoße. Ziel müsse es sein, mehr Eigenverantwortung zu ermöglichen, statt alles mit Nachweisen belegen zu müssen. Politik und Verwaltung müssten sich die Frage stellen: „Wie kann man notwendige Sachverhalte auch unkompliziert regeln?“
Die Landrätin wies zudem auf strukturelle Probleme im ländlichen Raum hin: Wohnungsleerstand, ein schwacher öffentlicher Nahverkehr und abnehmende Versorgung stellen viele Regionen vor große Herausforderungen. „Wenn sich dieser Trend fortsetzt, droht in den Städten durch den dortigen Zuzug und mangelnden Wohnraum ein Kollaps, während der ländliche Raum weiter ausblutet“, warnte sie eindringlich. Es gelte, neue Perspektiven zu schaffen und den ländlichen Raum wieder attraktiver zu gestalten.
Politik muss anpacken
Staatssekretär Marcus Malsch vom Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Landwirtschaft und Ländlichen Raum betonte in seinem Redebeitrag die Notwendigkeit einer politischen Neuausrichtung. „Wir müssen an die Wurzel ran, Strukturen hinterfragen und verbessern. Bürokratie muss auf das Notwendigste beschränkt werden.“
„Miteinander reden – Problem verstehen – Problem lösen“, so seine Vorstellung. „Die Behördenmitarbeiter sind Dienstleister, und der Bürger bzw. Landwirt ist der Kunde – dorthin müssen wir wieder zurückfinden. Die Mitarbeiter in den Behörden brauchen zudem den Rücken frei für gute Entscheidungen“, so Malsch. Als besonders wichtig sieht er den engen Austausch mit der landwirtschaftlichen Praxis.
Im Verhältnis zum Umweltministerium sei man nicht ideologisch unterwegs, sondern arbeite eng an pragmatischen, guten Lösungen. Sehr positiv bewertete er die Bauernproteste. Hier sei deutlich geworden, dass die Landwirtschaft die Unterstützung der Gesellschaft habe. „Wenn du auf den Bauern hörst, geht’s dir gut“, zitierte er treffend.
Große Herausforderungen beim Naturschutz
Dr. Hans-Jürgen Schäfer, Abteilungsleiter für Naturschutz und Nachhaltigkeit im Thüringer Umweltministerium, sprach unter anderem zum Thema Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, z. B. bei der Errichtung von Windenergie- und Photovoltaikanlagen. Die geplante Novelle der Kompensationsverordnung müsse praxistauglicher werden – insbesondere im Hinblick auf den Flächenverbrauch, so auch die Forderung des Berufsstandes.
Auch das Thema Wolf wurde diskutiert. Für Thüringen sei nach seiner Einschätzung der „günstige Erhaltungszustand“ erreicht. Die Frage, wie viele Wölfe das Land verträgt, solle bald bundeseinheitlich geklärt werden. Beim Thema Biber, deren Population im Freistaat Bayern bereits seit Jahren außerordentlich zugenommen hat, sodass regional erhebliche Schäden festzustellen sind, kam es bereits zu Entnahmen einzelner Tiere. Damit Thüringen hier von solchen Problemen verschont bleibt, kündigte er einen entsprechenden Managementplan mit abgestimmten Präventions-, Förder-, Entschädigungs- und Ausgleichsmöglichkeiten an.
Als besonders große Herausforderung bezeichnete er die Umsetzung der neuen EU-Naturwiederherstellungsrichtlinie – sowohl finanziell als auch zeitlich.
Das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur soll Schäden an der europäischen Natur bis 2050 beheben. Die Richtlinie legt EU-weit rechtlich verbindliche Ziele für die Wiederherstellung der Natur in verschiedenen Ökosystemen vor. Bis 2030 sind auf mindestens 20 Prozent der Land- und Meeresflächen der EU, Maßnahmen zur Wiederherstellung der Natur durchzuführen. Ebenfalls bis 2030 sind alle natürlichen und naturnahen Ökosysteme auf dem Weg der Erholung zu bringen und bis 2050 sollen 100 Prozent der schützenswerten Ökosysteme an Land und 90 Prozent der Meere in einen guten ökologischen Zustand gebracht werden. Im laufendem Finanzrahmen stehen rund 100 Milliarden Euro für biologische Vielfalt zur Verfügung - darunter auch für Renaturierungsmaßnahmen.
Die Landwirtschaftskonferenz 2025 zeigte den angekündigten neuen Politikstil der Brombeer-Koalition: Politik, Verwaltung und Landwirtschaft suchen gemeinsam nach Lösungen. Der Austausch auf Augenhöhe wurde von allen Beteiligten sehr positiv bewertet. Während der Diskussionsrunde wurden weitere Themen und Beispiele besprochen, die nicht alle beantwortet werden konnten, aber im Nachgang schriftlich geklärt werden sollen.